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STICKEREIEN – das Handwerk & die Menschen dahinter

In Indien ist es üblich, dass allen Mädchen bereits in der Schule das Sticken beigebracht wird. Es handelt sich also um ein Handwerk, das fest in der indischen Kultur verankert ist. Dies gilt ganz besonders in Nordindien, wo unsere Lieferanten ansässig sind. In den Gegenden um Jaipur, Neu-Delhi und Lucknow gibt es unglaublich schöne und kunstvolle Stickereien zu entdecken, sowohl auf neuer als auch auf Vintage-Mode. Die vielen Geschäfte, die hier Vintage-Textilien verkaufen, sind ein regelrechtes Eldorado für Liebhaber von handbestickter Mode mit Seidenfäden, Spiegeln und Perlen.

 

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In meinem Bildarchiv bin ich auf Fotos von unserem Besuch in Sara außerhalb von Jaipur gestoßen, einem Dorf, in dem Handstickereien auf Bestellung angefertigt werden. Auf einem Hof treffen wir eine Gruppe von Frauen an, die mit Stickrahmen und farbenfrohem Garn im Schoß auf dem Boden sitzen. Hier lässt unser Lieferant aus Neu-Delhi unsere Blusen und Tuniken besticken. Der Dorfälteste nimmt die Bestellungen entgegen und verteilt die Arbeit auf die Familien im Dorf. Er ist es auch, der die Bezahlung von uns entgegennimmt und das Geld anschließend den Familien aushändigt. Besonders die Kinder sind von uns exotischen Besucherinnen fasziniert. Als Fortbewegungsmittel dient uns natürlich eine dreirädrige Autorikscha.

 

 

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Herr Singh und unser Zulieferbetrieb Marcos

Herr Singh, der unseren Zulieferbetrieb in Neu-Delhi leitet, zeigt uns bei unseren Besuchen immer viele verschiedene Arten von Stickereien. Wie in Büchern über indisches Handwerk nachzulesen ist, sind Städte und Dörfer hier häufig auf einen bestimmte Typ von Stickerei spezialisiert, wie z. B. auf Chikankari-Stickereien, Kantha-Stiche (einfache Heftstiche), Fischgrätenstiche, Kettenstiche, Perlenstickereien oder Stickereien mit kleinen Spiegeln. Das richtige Fachvokabular ist beim Bestellen wichtig, damit unsere Designs der Idee getreu umgesetzt werden. (Marcos in Neu-Delhi ist ein Betrieb, mit dem wir seit fast 20 Jahren zusammenarbeiten und der früher von Herrn Singhs Vater geleitet wurde, der sich nun im Ruhestand befindet.)

 

1. Chikankari-Stickereien können auf verschiedene Arten genäht werden. Die grundlegende Technik ist aber immer die gleiche und meist wird nur weißes Stickgarn verwendet.

2. Herrliche kleine Stoffproben verewige ich gerne in meinem Reisetagebuch, zusammen mit Notizen zu Material, Webtechnik und anderen Informationen, die später von Nutzen sein können, wenn wir wieder zu Hause sind.

3. Bei unseren Besuchen in einer Blockdruckwerkstatt und einer Druckerei bekommen wir zur Begrüßung Kränze aus orangen Ringelblumen umgehängt.

4. Applikationen kommen bei Stickereien aus Rajasthan häufig vor, vermischt mit Perlen und kleinen Spiegeln.

5. Kantha-Stich in Blau und Rot auf ungebleichter Baumwolle. Traumhaft schön!

 

 

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Eine Großfamilie will sich vor einem Tempel
mit uns fotografieren lassen. Ja, wieso nicht?

 

 

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Das Samode Bagh – mein Lieblingshotel in Indien

Wenn wir in Rajasthan zu Besuch sind, übernachte ich immer gerne in meinem Lieblingshotel, dem Samode Bagh in der Nähe von Jaipur. Das Hotel besteht aus einer Reihe von pavillonähnlichen Gebäuden und wurde wohl von einem Maharadscha erbaut, der einen Rückzugsort brauchte, wenn er in der Steppe rund um den Palast auf Jagd war. Es heißt, er fühlte sich dort deutlich wohler als im luxuriösen Samode Palace. Am frühen Morgen arbeite ich hier gerne an meinen Entwürfen für die Kollektion und prüfe Stoffmuster, die wir von unseren Lieferanten erhalten haben. Dabei lausche ich den grünen Papageien und den Äffchen, die sich außerhalb der Mauern von Baum zu Baum schwingen. Einen schöneren Start in den Tag kann ich mir kaum vorstellen! Nach ein paar Bahnen im Swimmingpool des Hotels geht es zum Frühstück. An so manchem Morgen haben wir schon ganz alleine im Speisesaal des Hotels gesessen, an diesem gottvergessenen Ort. 
Das Samode Bagh im Licht des frühen Morgens.

 

 

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Dann geht unsere Reise weiter... 

...zu einer Blockdruckerei in Kaladera, in der viele unserer Blockdrucke angefertigt werden. Werkstätten für diese Art von Handwerk gibt es hier viele; häufig sind es Familienbetriebe. In diesem Fall ist es eine zwölfköpfige Familie, in der drei Generationen vertreten sind. Für viele Familien ist der Blockdruck eine zusätzliche Einkommensquelle zur Landwirtschaft. Wenn hier Erntezeit ist, bekommen wir keine Lieferungen – dann sind alle draußen auf den Feldern und helfen bei der Ernte. Gleiches gilt bei Monsunregen, da die Produktion mehr oder weniger im Freien stattfindet und dann die Stoffe nicht trocknen.



Aber zum Thema BLOCKDRUCK erfahren Sie an späterer Stelle in meinem Buch mehr!

 

Kapitel 1  - "Eine familiengeführte Strickerei in Dongguan" hier lesen »

Kapitel 3 - "Öko-Baumwolle bei Gudrun Sjödén – Silberjubiläum einer geglückten Partnerschaft" »

Kapitel 4 - Holzblockdruck – ein Kunsthandwerk, das nicht verschwinden darf »